Erster Flugversuch
Vogelkind landet vor Hundeschnauze, Juni 2019
Beim Frühstück unter der großen Pinie im Garten ist uns heute ein kleines Vogelkind vor den Tisch geflogen. Besser gesagt: Willi, unser vierbeiniger Mitbewohner, hat das flatternde Etwas aus der Hecke aufgestöbert und wie einen Fußball vor sich hergetrieben. Die einzige Chance, das kleine Wesen vor seinen Fängen zu retten – ich nahm es in die Hand. Es zappelte nicht, stellte sich ganz ruhig, und ich spürte sein Herz in meiner Hand pochen. Was macht man, wenn man unversehens einen kleinen Vogel in der Hand hält?
Das Werk eines Träumers
Vor dem Tour Philippe, Juni 2019
Lebe deinen Traum! Heute sagt sich das so leicht. Jeder, der mit seinem Weg hadert und nicht weiß, wie er sein Leben richtig leben soll, bekommt das zu hören. Das hätte Philippe Audibert gefallen! Als er beschloss, seinem Bauchgefühl zu folgen und endlich sein Ding zu machen, sorgte das ordentlich für Aufsehen und Gerede. Er sei ein bisschen „fada“, so sagt die Leute damals – ein bisschen verrückt. Fada ist provenzalisch und hieß ursprünglich „von den Feen berührt“. Und vielleicht haben sie ihn ja berührt, die Wesen aus einer anderen Welt, vielleicht hatte Philippe einfach eine höhere Vision. Und so wollte er selbst hoch hinaus.
Auf einem anderen Planeten
Unterwergs in den Ockerbrüchen von Rustrel, Mai 2019
Es gibt Orte, die sind nicht von dieser Welt. Wer schon mal über den Strand von Sankt Peter-Ording gelaufen ist, weiß, wie es sich anfühlt, auf dem Mond gelandet zu sein. So geht es einem auch im Colorado Provençal in Rustrel. Bekannter sind in der Provence vielleicht noch die Ockerfelsen im 15 Kilometer entfernten Roussillon. Doch wer Ockerbrüche richtig erleben will, sollte den kleinen Ort Rustrel nicht verpassen!
Same same but different
Die Hürden der modernen Kommunikation, April 2019
Die gute Nachricht vorweg: Wir sind im Leben, denn wir haben jetzt eine „Lifebox“. So heißen die Router in Frankreich. Wir sind jetzt also erreichbar und können ins Internet. Das ist schön. Aber dass gerade die sogenannten Kommunikationsunternehmen es einem immer so schwer machen, kommunikativ tätig zu werden, ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland.
Blausehen
Eine himmlische Mittagsstunde, April 2019
Blau. Der Himmel ist so tief blau an diesem Tag. Ich liege auf der Bank und blicke in die Unendlichkeit. Keine Wolke ist zu sehen. Nur feine Kondensstreifen durchziehen wie Wellenbrecher diese Ganzheit, wenn ein fernes Flugzeug mein Blickfeld streift. Der Flugzeugrumpf blinkt in der Sonne wie ein Stern in dunkler Nacht. Von wo es wohl kommt? Wohin fliegt es?
Unter den funkelnden Sternen einer Van-Gogh-Nacht
In den Steinbrüchen des Lichts, April 2019
Es gibt Dinge, die man schlecht beschreiben kann. Man muss sie erleben. Den ersten Sex zum Beispiel. Eine Achterbahnfahrt. Weniger rasant, aber ebenso aufregend ist der Besuch in den Carrières de Lumières, den Steinbrüchen des Lichts in Les Baux-de-Provence.
Fröhliches Gatter-Gegacker
Sechs Junghennen haben ein neues Zuhause, April 2019
Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? In unserem Fall ganz klar: das Huhn. Besser gesagt: sechs Hühner. Ja, wir haben gackernden Familienzuwachs erhalten. Und der sorgt nun bei uns für Eier-Glücksgefühle!
Ein Lehrstück der Natur
Wenn Raupen auf eine Prozession gehen, März 2019
Die ersten Schmetterlinge flattern schon am Fenster vorbei! In kräftigen Regenbogenfarben schimmern ihre Flügel. Liegt es an ihrer Buntheit, an ihrer filigranen Zartheit, an ihrem fröhlichen Geflatter im Wind? Tatsache ist wohl: Alle Menschen lieben Schmetterlinge. Es ist deshalb ein besonderes Lehrstück der Natur, dass ausgerechnet diese schönen Lebewesen aus Raupen schlüpfen, die so gar nicht dem menschlichen Schönheitsideal entsprechen? Und die manchmal sogar gefährlich sind. Ein Beispiel dafür ist der Pinien-Prozessionsspinner.
Unter Zedern
Ein Waldspaziergang bei Bonnieux, März 2019
In alten Kulturen wurden Zedern als heilige Bäume verehrt. Die immergrünen Kieferngewächse wachsen in Nordafrika, im Nahen Osten und im Himalaya. Denn Zedern mögen heiße Sommer und überstehen gut Trockenzeiten. Aber auch in der Provence kann man unter den majästetischen Baumriesen wandern. Denn einer der größten Zedernwälder Europas befindet sich im Luberon.
Herzen aus Stein
Ein Rätsel am Wegesrand, Februar 2019
Hier beginnt unsere Geschichte. So hat es jemand in Schönschrift auf einen Stein geschrieben. Der Stein liegt in einem Einsatz einer Steinmauer am Wegrand zwischen Steineichen und Olivenhainen bei Robion. „C’est ici que notre histoire commence…“ Den Rest soll sich wohl jeder selbst denken, der vorbeikommt und neugierig hineinschaut.
Mauergeschichten
An der Pestmauer in Cabrières d'Avignon, Januar 2019
Immer, wenn der Mensch sich nicht anders zu schützen wusste, hat er Mauern gebaut. In einer globalen Welt werden Grenzen dagegen anders gesetzt. Mauern sind Geschichte: Auf der Chinesischen Mauer klettern Touristen, die Berliner Mauer existiert nur noch in einigen Köpfen. Und doch diskutiert die Welt plötzlich wieder einen Mauerbau: Ob Donald Trump mit seinem Plan, einen Grenzwall zu Mexiko zu bauen, durchkommt?
Ein anderes Leben
Umzug mit zwei Möbelpackern, November 2018
Ein anderer Ort, ein neues Leben. Das alte wird hinterhergefahren, der Möbelwagen soll am frühen Morgen kommen. Doch der Tag fängt nicht gut an. Erst ein Anruf von der Spedition, der Truck ist auf der Strecke liegengeblieben, ein Ersatzteil muss erst besorgt werden. Dann ziehen auch noch dunkle Wolken auf. Als am frühen Abend der riesige Lastwagen endlich in der Auffahrt parkt und die beiden Packer die Hecktüren aufhebeln, öffnet auch der Himmel seine Schleusen.
Schneckensalat mit Vinaigrette
Begegnungen mit „Xeropicta derbentina", Oktober 2018
Wenn die Sonne in der Provence am heißesten brennt, mischen sich in die Lavendelfarben des Sommers plötzlich überall weiße Farbtupfer. Felder und Straßenböschungen verwandeln sich, aus der Ferne betrachtet, in Blütenmeere. Erst beim Näherkommen erkennt man: Die vermeintlichen Blüten leben. Es sind Schnecken.
Von Krokodilen und Goldfischen
Ein Spaziergang durch Nîmes, Oktober 2018
Nîmes bekommt in jedem Reiseführer drei Ausrufezeichen. Zurecht. Die Hauptstadt des französischen Département Gard vereint antike und moderne Kunst auf engstem Raum. Doch wer auf dem Weg vorbei an den imposanten Bauwerken den staunenden Blick mal ein wenig senkt, entdeckt einen ungewöhnlichen Weggefährten: ein kleines grünes Krokodil.
Wenn einem so viel Gutes widerfährt
Pizza Piquante in Goult, Oktober 2018
Fremde Menschen um etwas zu bitten, das fällt schwer. Warum sollte Dir ein Fremder einen Gefallen tun? Denkst du. Bist du nicht selber immerzu auf Vorsicht gebügelt? Wem kann man heute noch trauen?! Umso schöner, wenn man Menschen trifft, die dich eines Besseren belehren. Im konkreten Fall: eine Pizza vorschießen.
Wolken-Jäger, Himmels-Feger
Annäherungen an ein Naturphänomen, September 2018
Ganz plötzlich braust er auf und nimmt dich in den Arm. Mal streichelt er dich, viel öfters schüttelt er dich heftig, der Ungestüme, und bläst dir kalt ins Gesicht. Er kann jammern und heulen, stöhnen, pfeifen und seufzen. Dann holt er noch mal tief Luft, um abrupt wieder loszulassen. Dem Mistral kann man in der Provence nicht entgehen. Ihn zu treffen, ist immer wieder ein durchrüttelndes Erlebnis.
Aus dem Nest gefallen
Die Begegnung mit einem kleinen Distelfink, September 2018
Am Morgen liegt er im Gras. Ein kleines Knäuel, der Hals merkwürdig verrenkt. Ein Jungvogel, der aus dem Nest gefallen ist. So hilflos, der Körper pumpt das kleine Leben angestrengt durch sich hindurch. Hat er sich das Genick gebrochen? Wir können ihn doch nicht so liegen lassen.
Auf alten Wegen
Am Pont Julien, August 2018
Bilder vom tragischen Einsturz der Morandi-Brücke in Genua füllen noch immer die Zeitungsseiten, 43 Menschen kamen dabei am 14. August ums Leben. Die Suche nach den Ursachen für den Einsturz des gerade einmal 50 Jahre alten Bauwerkes hat gerade erst begonnen. Gedanken daran kommen einem unwillkürlich in den Sinn, wenn man zum Beispiel vor einer alten Brücke steht. In diesem Fall vor der Pont Julien in der Provence: Die kleine römische Steinbogenbrücke bei Bonnieux ist über 2000 Jahre alt.
Alte und neue Schätze
Auf der Internationalen Antiquitätenmesse in L'Isle sur la Sorge, August 2018
Wer schöne Dinge aus zweiter Hand sucht, ist in L’Isle sur la Sorgue an der richtigen Adresse. Der kleine provenzalische Marktfecken ist sozusagen die Antiquitätenhauptstadt Frankreichs. Über 250 Antiquitätenhändler bieten Altertümliches, Kunst und Mobiliar quer durch alle Epochen. Zweimal im Jahr verwandelt sich der ganze Ort für ein paar Tage in einen riesigen Trödelmarkt unter freien Himmel: Immer zu Ostern und zu Mariä Himmelfahrt um den 15. August zieht es Besucher aus der ganzen Welt zur Internationale Antiquitätenmesse.
Bilbao - no perro
Ein Wochenende in Nordspanien, Juli 2018
Wie frei man eigentlich ist, merkt man erst, wenn man über Grenzen geht. Selbstverständlichkeiten sind woanders eben gar nicht so selbstverständlich. „Es gibt keine Freiheit ohne gegenseitiges Verständnis“, sagte Albert Camus. Wenn man zudem nicht die gleiche Sprache spricht, wird es mit dem Verständnis nicht gerade leichter. Eine Lehrstunde dazu haben wir in Bilbao erhalten.
Bei Perlhühnern
Eine Nacht im Jura, Juli 2018
Perlhühner sind keine richtigen Hühner. Sie gackern nicht. Sie tuckern - und manchmal kreischen sie laut und lang. Es klingt wie ein schnarrendes Scheppern, erinnert an die Autohupe der Waltons. Durch die Stille des Revermont, des Naturschutzgebietes im Süden des französischen Jura, klingt der Schrei fremd und exotisch.