Vogelkind landet vor Hundeschnauze, Juni 2019
Beim Frühstück unter der großen Pinie im Garten ist uns heute ein kleines Vogelkind vor den Tisch geflogen. Besser gesagt: Willi, unser vierbeiniger Mitbewohner, hat das flatternde Etwas aus der Hecke aufgestöbert und wie einen Fußball vor sich hergetrieben. Die einzige Chance, das kleine Wesen vor seinen Fängen zu retten – ich nahm es in die Hand. Es zappelte nicht, stellte sich ganz ruhig, und ich spürte sein Herz in meiner Hand pochen. Was macht man, wenn man unversehens einen kleinen Vogel in der Hand hält?
Immerhin: Das Vogelkind war schon vollständig befiedert. Und wie seine Flugversuche vor der Hundeschnauze durchs hohe Gras gezeigt hatten, fehlt nicht mehr viel, bis es vom Boden abheben kann. Aus der Hecke war inzwischen ein schrilles Klagen zu hören. Die Vogeleltern riefen laut nach dem Nestflüchter. Wir schoben die grüne Blätterdecke zur Seite, doch ein Nest konnten wir nicht finden. Was tun?
Letztendlich haben wir den kleinen Vogel in den Nachbargarten gebracht, auf die andere Seite der Hecke. Dort ist er vor neugierigen Hunden sicher – und sein Nest ist genauso weit entfernt wie auf unserer Seite. Wenn er Glück hat, und ich wünsche es ihm, wird er am Boden weiter von seinen Eltern versorgt, bis er selbst die Lüfte erobert und sich irgendwo ein eigenes Nest baut. Vielleicht sogar in unserem Garten.
Und während ich diese Zeilen schreibe, fällt mir auf, dass es in der Hecke wieder ganz leise und friedlich geworden ist. Ende gut, alles gut. Ich finde, es wäre uns allen zu wünschen.