Ein Spaziergang durch Nîmes, Oktober 2018

 

Nîmes bekommt in jedem Reiseführer drei Ausrufezeichen. Zurecht. Die Hauptstadt des französischen Département Gard vereint antike und moderne Kunst auf engstem Raum. Doch wer auf dem Weg vorbei an den imposanten Bauwerken den staunenden Blick mal ein wenig senkt, entdeckt einen ungewöhnlichen Weggefährten: ein kleines grünes Krokodil.

krokodilbearbeitet

Es ist auf Bronzemedaillen im Boden eingelassen und ziert die Straßenpollern. Das Wappen der Stadt zeigt grün auf rot ein Krokodil, das an einer Palme gekettet ist. Die historische Erklärung dafür verweist in die römische Zeit: Unter Augustus siedelten ab dem 1. Jahrhundert vor Christus vor allem Veteranen der römischen Afrikalegionen im damaligen Nemausus. Krokodil und Palme sind somit Symbol der Römer für das eroberte Ägypten. Das Wappen in seiner heute modernen Handschrift stammt von dem Designer Philipp Starck. Lebensgroß blickt dagegen das gusseiserne Exemplar im Krokodilsbrunnen auf dem Place du Marché über den Brunnenrand. Die Spitze der Schnauze glänzt in der Sonne von den vielen Händen, die es schon gestreichelt haben.

Die vielen kleinen Panzerechsen sind natürlich nur eine Petitesse zwischen den vielen großen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Schon bei der Anreise gehört der Halt am Äquadukt Pont du Gard, einem antiken Meisterwerk der Brückenbaukunst aus dem 1. Jh. n. Chr., zum Pflichtprogramm. In Nîmes selbst finden sich fußläufig die kostbarsten Überlieferungen der Antike: Das Amphitheater und das Maison Carrée, heute der letzte noch vollständig erhaltene römische Tempel, stammen beide ebenfalls aus dem 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Die Umrisse des Maison Carrée spiegeln sich in den gläsernen Fassaden des Carré d’Art - das aufsehenerregende Museum für moderne und zeitgenössische Kunst wurde vom Architekten Sir Norman Forster entworfen. Vom Restaurant „Ciel de Nîmes“ im dritten Stock hat man einen unvergesslichen Blick über die Dächer der Stadt. Gleich um die Ecke steht die romanische Kathedrale Notre Dame et Saint Castor.

Dianatempelfinal

Die Römerzeit war Nîmes Blütezeit. Danach fiel die Stadt zunächst in Vergessenheit. Erst im Mittelalter wurde es durch den Handel mit Wein und Oliven größer, bekannt dann vor allem im 15. Jahrhundert durch seine zahlreichen Stoffmanufakturen (nicht umsonst heißt ein bekannter himmelblauer Jeansstoff Denim – „de Nîmes“). Schöne Kaufmannshäuser aus dieser Zeit schmücken die Altstadt.

An einem sonnigen Sonntagnachmittag sind die engen Gassen allerdings leer, die Geschäfte geschlossen. „Tout Nîmes“ wandelt dann in den Jardins de la Fontaine. Die Gärten wurden 1745 unter Ludwigs XV. rund um die historische Quelle der Stadt angelegt. Das 15 Hektar große Areal war einer der ersten öffentlichen Parks in Europa – und bis heute ist der Besuch ein Erlebnis. Große Wasserbecken um die Quelle herum, Terrassen, steinerne Balustraden und der antike Diana-Temple versprühen italienisches Flair. Die Besucher lustwandeln über kleine Wege und Treppen und durch künstlich angelegte Grotten, durch Alleen, die von Marmor-Statuen und Vasen gesäumt sind, die Hänge des Cavalier-Berges hinauf.

Garten1 

Garten2

Auf dem Gipfel steht der Tour Magne, der noch 32 Meter misst. Er war der höchste Turm der alten römischen Stadtmauer, das oberste Geschoss fehlt heute. Von ganz oben, erzählt unsere Freundin Christel aus Nîmes, könne man an klaren Tagen schon mal das Mittelmeer sehen. Oder hat sie „fast" gesagt? Da zieht sie uns schon weiter zu den kleinen Teichen, in denen große Goldfische und Kois ihre Runden ziehen und immer wieder ihre Mäuler an die Wasseroberfläche stoßen. Man kann ihnen ewig so zuschauen, ja, das ist auch eine Art Meditation. Mit einem Augenzwinkern verrät uns Christel, dass sie immer wieder dort ihre eigenen Goldfische aussetze, wenn diese für das heimische Aquarium langsam zu groß werden. Und bei jedem Spaziergang durch die Gärten schaue sie dann bei ihnen vorbei, auf Besuch bei alten Freunden.

Goldfischteich

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