Ungewöhnliche Weihnachten in Carpentras, Dezember 2019

 

Weihnachten – das ist, zumindest für Kinder, Magie! Je älter man wird, desto mehr verliert das Fest für viele Menschen leider seinen Zauber. Wer vergessen hat, sich wie ein Kind zu fühlen, wer wieder einmal staunen will, wer sich verzaubern lassen möchte, der sollte in der Weihnachtszeit unbedingt in dem provenzalischen Städtchen Carpentras vorbeischauen: „Noëls insolites“ – „ungewöhnliche Weihnachten“, das ist ein weihnachtliches Spektakel, das nicht nur kleine, sondern auch große Kinder verzaubert.

Bereits zum 12. Mal findet derzeit das größte winterliche Straßenkunst-Festival der Region, wenn nicht gar ganz Frankreichs, in dem 30 000-Einwohner-Ort am Fuße des Ventoux statt. Seit dem 14. Dezember – und noch bis zum 5. Januar – verwandelt es Carpentras mit all seinen Straßen im historischen Zentrum in ein riesiges buntes Wintermärchen. Rund 250 Aufführungen mit Künstlern aus ganz Europa führt der Festivalkatalog auf. 2018 zählten die Veranstalter an die 79 000 kleine und große Besucher.

Kirche

Die großen Besucher haben, wenn sie von auswärts kommen, in dieser Zeit erst mal das Problem, einen Parkplatz zu finden. Dann kann der Spaziergang durch die mittelalterlichen Straßen beginnen. Der Anfang ist vielleicht noch konventionell: Neben dem Rathaus ist eine kleine Farm aufgebaut mit lebendigen Tieren. Gänse, Kaninchen, Schafe, eine riesige Kuh und ein Esel grasen friedlich nebeneinander und lassen sich selbst von den vielen streichelnden Kinderhänden nicht aus der Ruhe bringen. Gleich um die Ecke geht es dagegen schon lebhafter zu: Auf dem Place d’Inguimbert, auf der Rückseite der ehemaligen Kathedrale St. Siffrein, ist ein richtiger Schnee-Garten mit einem kleinen Schneeberg aufgeschüttet, den die Kinder mit Skiern oder Mini-Bobs bezwingen können. Bei Temperaturen um 14 Grad ein feucht-fröhliches Unternehmen! Etwas weiter, vor der Touristeninformation, ist zudem eine Schlittschuhbahn für dieses für die Provence eher ungewöhnliche Wintervergnügen aufgebaut. Ungewöhnliche Weihnachten eben…

LÖWEN

An jeder Ecke der mit Lichterketten und Girlanden geschmückten Sträßchen stehen Crêpe-Eisen, auf denen die dünnen Pfannkuchen ausgebacken werden, daneben köchelt Glühwein in großen Töpfen. Plötzlich erklingt laute Fanfarenmusik und einen Artistengruppe schiebt sich durch die Menge. Riesige Raubtiere auf Stelzen bewegen sich aufreizend und streichen mit ihren Pranken über Kinderköpfe. Nicht alle Kinder finden das lustig! Es folgt eine Gruppe spanischer Panzerknacker in schwarz-weiß-gestreiften Sträflingskostümen. Der Panzer, den sie auf ihrem Wagen mit durch die Straßen ziehen, sorgt als Musikbox für den musikalischen Rahmen.

PANZERKNACKER

Dahinter zeichnen sich im dämmrigen Licht vor der Kathedrale schon von weitem zwei erleuchtete Kreaturen ab: riesige glotzäugige Fischköpfe, die sich im Takt der Musik bewegen und ihre überdimensionalen Lichterhände den Passanten entgegenstrecken. An der nächsten Straßenecke knallt es und Funken sprühen, als unerwartet ein kleines Feuerwerk abgebrannt wird.

FISCHE

So bunt, lebendig und fantasievoll geht es drei Wochen lang zu auf Carpentras Straßen. Leon, der kleine blaue Drache, ist das Fabelwesen, das diesem ungewöhnlichen Straßenfestival ein Gesicht und das Logo gibt. Mit ihm können die Kinder in verschiedenen Werkstätten basteln und werkeln. An jedem Nachmittag ziehen verschiedene Akrobaten und Künstler durch die Innenstadt, Puppenspieler und Marionettentheater, Feuerspektakel und Straßenkünstler, Gaukler und Zauberer bevölkern das provenzalische Städtchen, das sonst vor allem durch seinen großen Wochenmarkt am Freitag bekannt ist. Natürlich gibt es außerdem große provenzalische Krippen, und in der Kapelle des Collège findet der 33. Santons-Markt statt, bei dem man die typischen provenzalischen Krippenfiguren in allen Größen kaufen kann.

Angesichts der poetischen und zauberhaften Animationen mag sich so mancher wie Alice im Wunderland vorkommen. Für leuchtende Kinderaugen ist auf jeden Fall gesorgt. Und neben den fantasievollen Riesen und überdimensionierten Fabelwesen und Märchengestalten können sich die großen Besucher ebenso plötzlich wieder ganz klein fühlen.