Wenn Raupen auf eine Prozession gehen, März 2019

 

Die ersten Schmetterlinge flattern schon am Fenster vorbei! In kräftigen Regenbogenfarben schimmern ihre Flügel. Liegt es an ihrer Buntheit, an ihrer filigranen Zartheit, an ihrem fröhlichen Geflatter im Wind? Tatsache ist wohl: Alle Menschen lieben Schmetterlinge. Es ist deshalb ein besonderes Lehrstück der Natur, dass ausgerechnet diese schönen Lebewesen aus Raupen schlüpfen, die so gar nicht dem menschlichen Schönheitsideal entsprechen? Und die manchmal sogar gefährlich sind. Ein Beispiel dafür ist der Pinien-Prozessionsspinner.

Neulich sind wir über so eine Prozession gestolpert. Denn jetzt ist die Zeit, in der die Raupen unterwegs sind. Aus ihren bauschigen Kokons bewegen sie sich aus den Pinien und Kiefern hinab in einem seltsamen Marsch: Vorne und hinten verbunden mit dem Vorder- und dem Hintermann, bilden die Pinien-Prozessionsspinner manchmal metterlange Ketten. Für Feinde, etwa Vögel, sehen sie dann aus wie eine Schlange. Ganz langsam bewegt sich die Prozession instinktiv voran. Wie Lemminge gehorchen die Raupen einer inneren Stimme, die ihnen sagt, was sie nun zu tun haben. Ein seltsames Naturspektakel ist das. Und obwohl ich doch eigentlich Raupen ziemlich ekelig finde, stand ich ehrfurchtsvoll da und staunte über dieses Phänomen.

Prozessionsspinner

Allerdings sollte man einen gehörten Abstand halten. Denn die Raupen besitzen Brennhaare mit einem Nesselgift, das schon bei leichter Berührung beim Menschen zu Allergien und einer Raupendermatitis mit juckenden Quaddeln führen kann. Dazu reicht es schon, wenn die feinen Härchen durch die Luft fliegen. Noch gefährlicher ist der Kontakt für Hunde oder Katzen, denn wenn sie an den Raupen schnuppern, können sie sich Schnauze und Zunge verbrennen, erblinden oder sogar sterben.

Die Raupen haben ein kurzes Leben. Ende des Sommers legen die Falterweibchen ihre Eier in Pinienzweigen oder Kiefern ab. Einmal aus den Eiern geschlüpft, ernähren sich die Raupen von ihrem Wirtsbaum und überwintern in einem Kokon, der ständig wächst. Wie Zuckerwatte sehen diese Gespinste aus, die im Frühling in den Pinienkronen sichtbar werden. Schon ab Februar machen sich die Raupen dann auf den gemeinsamen Marsch den Baum hinunter in die Erde, wo sie sich eingraben und verpuppen. Um dann als strahlende Schmetterlinge wieder an die Erdoberfläche zu kommen. Na ja, die Geschichte vom hässlichen Entlein und dem schönen Schwan trifft auf den Pinien-Prozessionsspinner doch nicht: Das flatternde Wesen, das aus den Raupen herauskriecht, ist ein ziemlich farbloser Nachtfalter.