Emilia-Romagna, Italien, April 2025
Die Emilia-Romagna gehört zu den beliebtesten Urlaubsregionen in Italien. Eine grüne Landschaft mit sanften Hügeln ist der Rahmen für vielfältige Kunst und Kultur, für wunderschöne historische Städte, malerische Dörfer und eine großartige Küche. Bologna mit seinen historischen Arkaden, Parma, die Stadt für Parmaschinken und Parmigiano, Ravenna mit seinen einmaligen Mosaiken gehören zu den Attraktionen. Daneben gibt es die stille Emilia-Romagna mit kleinen Dörfern abseits der Touristenströme. Brisighella und Dozza sind zwei von ihnen.
Na ja, so ganz stimmt das mit der Stille nicht: Als wir in Brisighella aus dem Auto steigen, fährt gerade ein Touristenbus aus Slowenien vor. Die vielköpfige Gruppe, Männer und Frauen mit Wanderschuhen, marschiert vor uns durch die steilen und engen Gassen. Schließlich setzen wir uns in ein Café und genießen einen Cappuccino mit Blick auf die historische Piazza, um mit ein bisschen Abstand weiter auf Entdeckungstour zu gehen.
Die mittelalterliche Stadt zwischen Florenz und Ravenna gehört zum Kreis der schönsten Orte Italiens. Bekannt ist Brisighella, eingebettet von grünen Hügeln und Olivenhainen, auch für sein fruchtig-scharfes Olivenöl Brisighello. Die drei Wahrzeichen des Ortes sind schon von weitem zu sehen: Eine Festung aus dem 14. Jahrhundert, die Wallfahrtskirche Monticino und der historische Uhrturm überragen auf drei imposanten Kreidefelsen thronend den 8000-Seelen-Ort.
Eine Kuriosität verbirgt sich hinter den schmucken Häuserfassaden an der Piazza Marconi: der l’Antica Via del Borgo. Besser bekannt als Via degli Asini – als Eselsweg. Man erreicht ihn, wenn man die Stufen hinaufsteigt, denn dieser überdachte Weg führt durch den ersten Stock einer Häuserzeile.
Ursprünglich wurde er im 15. Jahrhundert als Wehrgang zur Verteidigung angelegt. Später zogen die Esel die Karren durch den Gang, gefüllt mit Lasten und Kreide aus den benachbarten Steinbrüchen. Die Fuhrknechte wohnten in der Etage darüber, die Ställe wiederum befanden sich in der Etage darunter, auf Höhe der eigentlichen Straße – dort, wo heute gerade die Tische in den Bars und Restaurants zum Mittagessen eingedeckt werden.
Wir haben auch Hunger und es zieht uns in das kleine Restaurant mit dem schönen französischen Namen Framboise – Himbeere. Aber das Menü ist klassisch italienisch! Nur vier schmuckvoll eingedeckte Tische stehen im vorderen Gastraum mit den himbeerfarbenen Wänden. Vorweg gibt es Brot, und dazu wird das herrliche heimische Olivenöl gereicht. Dann: Omelett mit dem ersten Spargel des Jahres. Und danach Tagliatelle al Ragù, das klassisches Gericht aus Bologna. Nicht zu verwechseln mit unserer Bolognese-Sauce, werde ich belehrt: Die Fleischsauce Ragù alla Bolognese ist nicht einfach nur eine schnell gemachte Hackfleischsauce, sondern wird über Stunden sanft eingeköchelt. Sie mit Spaghetti zu essen, gilt jedoch für viele Italiener als Fauxpas. Typischerweise wird das Ragout mit einer kurzen oder breiteren Pasta wie der Tagliatelle serviert, da sie die Sauce besser aufnehmen kann. Das Ergebnis jedenfalls schmeckt großartig!
Ein anderes kleines Dorf der Emilia-Romagna, nicht weit von Imola entfernt, steht am nächsten Tag auf unserem Programm: Dozza. Und wie fast jeder Ort in der Region hat auch Dozza seine Rocca, seine Burg: Die Festung Rocca di Dozza aus dem 13. Jahrhundert erhebt sich eindrucksvoll am Ortseingang. Es beinhaltet ein Museum und eine Enoteca mit einer großen Auswahl an lokalen Weinen, vor allem dem Sangiovese di Romangna, der dort beheimatet ist.
Vor allem aber ist Dozza eine Freilichtgalerie, in der Kunst zur Stadtlandschaft wird. Alle zwei Jahre im September – immer in ungeraden Jahren - findet in dem mittelalterlichen Dorf die Biennale del Muro Dipinto statt, bei der Künstler aus aller Welt ihre Werke auf den Häuserfassaden verewigen. Die nächste, 30. Biennale ist also für dieses Jahr angesagt und findet vom 15. bis 21. September statt. Dozza ist nicht groß, gerade mal 6500 Einwohner. Und der Weg durchs historische Zentrum ist nicht lang, einmal die Dorfstraße herunter und auf der anderen Seite wieder hoch. Doch zu sehen gibt es auf diesem kurzen Spaziergang viel: Fast jede Hauswand, die Plätze und Straßen sind zur Leinwand der Maler geworden. Mal ist es ein Drachen, der sich über die Eingangstür schlängelt, mal Fabelwesen, Fantasielandschaften rund um die Fenster, Stillleben, mal realistische, mal abstrakte Formen, insgesamt über hundert Werke. Und statt sie lange zu beschreiben, lassen sie sich viel leichter in Fotos präsentieren. Oder besichtigen.