Pizza Piquante in Goult, Oktober 2018

 

Fremde Menschen um etwas zu bitten, das fällt schwer. Warum sollte Dir ein Fremder einen Gefallen tun? Denkst du. Bist du nicht selber immerzu auf Vorsicht gebügelt? Wem kann man heute noch trauen?! Umso schöner, wenn man Menschen trifft, die dich eines Besseren belehren. Im konkreten Fall: eine Pizza vorschießen.

Eine Pizza Piquante. Gegessen haben wir sie in Goult. Das charmante kleine Bilderbuchdörfchen in der Provence zwischen dem Vaucluse- und dem Luberon-Gebirge lockt mit liebevoll restaurierten steinernen Fassaden, einer romanischen Kirche, einem alten Schloss, einer Windmühle und vielen schönen Aussichten auf die Berge rundherum. Goult ist noch nicht so überlaufen, in vielen deutschen Reiseführern gar nicht aufgeführt (in vielen amerikanischen anscheinend schon). Nach einem Spaziergang durch die malerischen Gassen setzt man sich nahe der Kirche in das Café de la Poste – Café, Restaurant, Kiosk und Treffpunkt für Einheimische und Besucher. Auch Filmkulisse – einige Sequenzen für „Ein mörderischer Sommer“ mit Isabelle Adjani wurden dort einst gedreht.

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Ein schöner Ort also, um mit einem Glas Rosé in der Hand das Wochenende zu beginnen. Dann bekommen wir Hunger. Auf der anderen Straßenseite gibt es den Pizzaservice „Du côté de chez moi“, der Pizza außer Haus anbietet, und durch Mundpropaganda wissen wir, dass die Cafébetreiber nichts dagegen haben, wenn man sich eine Pizza herüberholt. Das wollen gerade hinübergehen, als wir ernüchternd feststellen: Wir haben unser Geld vergessen. Der Notgroschen aus der Handytasche reicht für unseren Rosé, alle Münzen durchgezählt, bleiben 9,80 Euro. Die günstigste Pizza bei „„Du côté de chez moi“, eine Napolitaine, kostet allerdings 10 Euro. Geht also eigentlich gar nicht. Aber der Magen knurrt. Wenn der Pizzabäcker seinen Teig einfach etwas kleiner macht?

Fragen kostet ja nichts. Die blonde junge Frau, die aus der Küche kommt, blickt mir fröhlich entgegen. Ja, die Sache sei so, erklären wir etwas unbeholfen… Ob man nicht eine etwas kleinere und günstigere Ausgabe der Pizza erhalten könne, für 9,80 Euro? Die junge Frau verliert keine Sekunde ihr strahlendes Lächeln. Zahlen Sie doch einfach morgen, sagt sie. Und welche Pizza es denn eigentlich sein solle. Eine „Piquante“ für elf Euro, mit Chorizo und Oliven? Alles kein Problem, in zehn Minuten sei sie fertig und werde ins Café gebracht. Der Pizzabäcker guckt aus der Küchenecke und lacht, als ich meine 9,80 Euro als Anzahlung über den Tresen schieben will. Behalten Sie Ihr Geld, sagt er, zahlen Sie morgen alles, und wenn wir noch nicht geöffnet haben, werfen Sie das Geld einfach in unseren Briefkasten.

Ich weiß nicht, was bei uns für mehr Freude sorgte - die leckere scharfe Pizza mit dem knusprig dünnen Teig, die wir kurz danach mit Behagen verspeisen, oder dieses Glücksgefühl, das man verspürt, wenn man auf Menschen trifft, die einem mit lachenden Augen ins Gesicht sehen und bedenkenlos das Beste von Dir glauben.

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