L'Isle sur la Sorgue, Juli 2024
Die französische Küche ist eine Klasse für sich. Aber um köstlich zu essen, braucht es keine langen und komplizierten Rezepte: Die einfachsten Dinge sind doch oft die besten, und das gilt wohl für die Küchen aller Kulturen. Einfacher geht es nicht an einem heißen Sommertag unter einer schattigen Pinie: ein (vielleicht noch warmes) Baguette, Käse, ein paar Oliven, ein Glas kalten Rosé! Und natürlich eine Tapenade: Die köstliche Olivenpaste mit Kapern und Sardellen ist der Geschmack schlechthin der Provence.
Kein klassischer Apéro ohne Tapenade! Man genießt sie am besten auf frischem oder geröstetem Brot. Aber die Olivenpaste ist ebenso ein gefragter Dip und verfeinert Gemüse, Nudeln, Fleisch- oder Fischgerichte.
Der Legende nach wurde die erste Tapenade 1880 in Marseille kreiert, vom Chefkoch des Restaurants La Maison Dorée. Um halbe hartgekochte Eier zu füllen, mischte er Kapern und schwarze Oliven mit Sardellenfilets und mariniertem Thunfisch. Er nannte seine Mischung Tapenade, was sich aus dem provenzalischen Wort „tapeno“ für Kapern ableitet. Eigentlich ist es also ein Kapernpüree. Und gerade durch die Kapern unterscheidet sich die Oliventapenade von den Olivenpasten, wie sie seit der Antike in den Küchen der Länder rund ums Mittelmeer Verwendung finden.
Seine neue Mischung verfeinerte der Koch noch mit Gewürzen, Pfeffer, Olivenöl und zwei Gläsern Cognac. Die Proportionen dieses Rezepts änderten sich nach und nach und schließlich wurde der Thunfisch weggelassen. Das ist so etwa das Grundrezept für die heutigen Tapenaden.
Die Olivenpaste gibt es in zwei Arten: grün und schwarz, je nachdem, welche Oliven man wählt, wobei eine Mischung aus beiden streng verboten ist. Und wie beide Olivensorten unterschiedlich schmecken, sind auch die Tapenaden verschieden: Die schwarze ist im Geschmack generell bitterer und kräftiger. Die Basiszutaten für die traditionelle schwarze Tapenade sind: schwarze Oliven, Kapern, Sardellen, Olivenöl, Knoblauch und Kräuter der Provence. Optional kann man Cognac, Zitronensaft, Essig oder getrocknete Tomaten zugeben.
Am besten probiert man sich durch. Die erste Adresse dafür sind die provenzalischen Märkte, denn auf jedem findet sich in der Regel ein Stand mit Oliven und frischen Tapenaden. Ich bin auch gerne bei „Les Délices du Luberon“, ein herrliches Feinkostgeschäft direkt an der Sorgue in L’Isle sur la Sorgue, in dem es alle Köstlichkeiten der Provence zu kaufen – und vieles zu probieren - gibt. Das Angebot reicht von einem umfassenden Sortiment der besten Olivenöle, Aufstriche aller Art über Calissons, Nougat und Honig bis zu feinen Lavendelseifen und Kosmetik.
In der ganzen Provence hat sich das Familienunternehmen mit der Herstellung von leckeren Tapenaden einen Namen gemacht. Die Familie Msica vertreibt ihre Olivenpasten auf den Märkten der Region nach dem Rezept von Odette, die Mutter der Familie. Mit Unterstützung der Söhne Eric und Philippe beschloss sie, ihre Spezialitäten zu vermarkten: 1993 gründeten sie ihr Unternehmen, das heute „Méditéa“ heißt. Eine ganze Regalwand ihres Geschäftes in L’Isle sur la Sorgue ist gefüllt mit den Tapenaden: von den traditionellen Rezepten bis hin zu ausgefalleneren Kreationen mit getrockneten Tomaten oder mit Basilikum. „Jedes Glas ist eine Einladung zu einer geschmacklichen Reise ins Herz der Provence“, verspricht die Werbung.
Letztendlich ist es wie überall: In den provenzalischen Küchen hat jede Familie ihre eigenen Vorlieben, jedes Restaurant fertigt seine Tapenaden auf seine eigene Art an, und alle sind die einzig wahren. Hier ein ganz einfaches Rezept, an das wir uns oft halten: (entnommen aus: Michel Biehn und Bernard Touillon: Rezepte aus der Provence, 170 Spezialitäten aus der Küche der Kräuter und Düfte, Collection Rolf Heyne, Heyne 1995):
300 g schwarze Oliven entkernen und fein hacken, 10 gewässerte Anchovis und einen gehäuften EL Kapern zugeben,s alles im Mörser mit einem Holzstößel zu einer Paste zerstoßen und einen Schuss Olivenöl und einige Tropen Zitronensaft hinzugeben. (auf 10 Oliven wird ein Anchovisfilet und drei Kapern gerechnet)
Dazu geröstetes oder frisches Brot – bon appétit!