L'Isle sur la Sorgue, Februar 2023

 

Felix haben wir ihn genannt. Felix, der Glückliche. Ein kleiner Jack Russel. Ein sportlicher kleiner Krummbeiner, der auch nach vier Stunden Marsch über den Golfplatz voller Energie hinter uns her trabte. Einer, der mit sanften braunen Augen ganz schnell unsere Herzen erobert hat. Wir konnten gar nicht anders, als ihn mit nach Hause zu nehmen.

Aber unsere Geschichte mit Felix fing schon eine Woche früher am gleichen Ort an. Da stand der fremde Hund plötzlich auf dem Parkplatz. Für Felix war es wohl Liebe auf den ersten Blick – allerdings galt seine aufwallende Zuneigung nicht uns, sondern unserem Hund Willi. Der erwiderte diese Darstellung der Gefühle mit Gleichmut. Er fügte sich ergeben dem Schicksal, plötzlich mit einem Schatten den Nachmittag auf dem Golfplatz zu verbringen.

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Felix trug kein Halsband. Und ein Besitzer war weit und breit nicht zu sehen.

Keiner wusste, woher er kam und wohin er gehörte. Mager war er nicht. Also wohl kein Hund, der auf der Straße lebte und sich sein Futter selber suchen musste. Er hatte eine große Verfärbung im Fell. Vielleicht ein Blutfleck. Vielleicht war er vor ein Auto gelaufen, rätselten wir. Und überhaupt gab er uns einige Rätsel auf. Während Felix die Nähe unseres Hundes suchte, wich er jeder menschlichen Annäherung furchtsam aus. Mit großen Augen blickte er erschrocken, wenn eine Hand ihn streichen wollte. Das kleine Hundeleckerli, mit dem wir ihn locken wollten, nahm er nur zögerlich und knabberte dann neugierig darauf herum – vielleicht war es das erste Leckerli in seinem Leben?

Er blieb treu an unserer Seite. Er setzte sich, wenn Willi sich setzte, um den nächsten Golfschlag abzuwarten, und dackelte dann wieder eifrig hinter uns her bis zum nächsten Halt. Nach der Runde kam er mit zum Parkplatz, sprang zögernd mit den Vorderpfoten in die Autotür und zitterte dabei am ganzen Körper – und dann verschwand er plötzlich und schnell.

Eine Woche später wiederholte sich die seltsame Geschichte. Wieder folgte Felix uns – beziehungsweise Willi - über den Platz. Scheu, vorsichtig, aber doch zufrieden trottete er hinter uns her. Und wieder stand er schließlich auf dem Parkplatz vor der offenen Autotür. Und dieses Mal sprang er tatsächlich hinein. Da saßen plötzlich zwei Hunde auf unserem Rücksitz.

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Gab es jemanden, der sich nun um ihn sorgte und nach ihm Ausschau hielt? Es war jedoch schon zu spät, um im Tierheim nachzufragen, ob der Jack Russel vielleicht als vermisst gemeldet worden war. Also hatte Felix erst einmal das Vergnügen, unser Hausgast zu sein. Vorsichtig und zögernd folgte er uns ins Haus. Mit sichtlichem Behagen verschlag er sein Futter. Am Kauknochen schnupperte er nur und verschmähte ihn. Auf dem Teppich kuschelte er sich an Willi, und auch uns gegenüber verlor er langsam seine Scheu und ließ sich endlich vorsichtig streicheln. Das gefiel ihm sichtlich! Er rückte näher, mit bettelnden Blicken forderte er weitere Streicheleinheiten ein. Auf einem Kissen schlief er irgendwann selig ein und am nächsten Morgen begrüßte er uns schwanzwedelnd. In Gedanken hatten wir ihn schon adoptiert…

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Aber natürlich musste alles seine Ordnung haben. Nach einem Anruf bei der Polizeistation meldete sich das Tierheim postwendend bei uns. Auch in Frankreich ist es längst verpflichtend, jeden Hund registrieren zu lassen – über ein Tattoo oder einen elektronischen Chip unter dem Fell. Nur wenn er nicht registriert sei, könnten wir Felix behalten, erklärte die Tierheim-Dame am Telefon. Um das zu klären, fuhren wir zum Tierarzt, wo eine nette Arzthelferin den Chip des kleinen Krummbeiners auslesen konnte. Denn er hatte einen… Und damit hatte er eine Nummer, eine Besitzerin, einen Namen: Simba, fünf Jahre alt. Die Arzthelferin verständigte die Hundehalterin und hinterließ ihr eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter.

Damit lief der Countdown für unsere gemeinsame Zeit mit Felix alias Simba. Eine Stunde später meldete sich die Besitzerin bei uns. Eine weitere halbe Stunde später stand sie mit ihrem Mann vor unserer Tür. Felix hatte bis zu diesem Moment auf der Terrasse gelegen und der Sonne seinen Bauch entgegengestreckt. Als das Auto in der Einfahrt vorfuhr, schreckte er jedoch auf. Diese Autogeräusche kannte er. Willi lief neugierig zum Eingang. Felix blieb bewegungslos liegen. Der Abschied ging schnell über die Bühne. Ein Mann, Vollbart, Stiefel, eine Mütze auf dem Kopf, kam herein. Die Frau dahinter trug ihren grobgestrickten Pullover falsch herum. Sie holte eine Tüte heraus und drückte mir zwei Seifen in die Hand – ein kleines Geschenk des Dankes, sagte sie. Und dass Simba zwar viel auf eigenen Wegen unterwegs sei, doch eigentlich immer abends nach Hause komme. Das hätte er doch noch nie gemacht, einfach bei jemanden ins Auto zu springen! Der Jack Russel blieb auf der Terrasse und rührte sich nicht – er sprang nicht freudig auf, wedelte nicht mit dem Schwanz. Der Mann hob ihn schließlich hoch und trug ihn zum Auto, das mit laufendem Motor in der Einfahrt stand. Beim Hinausgehen nahm er ihm das Halsband ab, das wir Felix umgelegt hatten. Und dann waren sie alle schon wieder weg. Wir konnten uns nicht mal von Felix verabschieden.

Geblieben sind uns nun ein paar Schnappschüsse von unserem kleinen Hundebesucher. Wir schauen sie uns immer noch wieder an und denken an den kleinen Jack Russel. In unserer Erinnerung ist er nicht Simba, der König der Löwen. Sondern Felix, der hoffentlich in seinem Leben und auf seine Art doch glücklich ist.

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