Traditionen zum Fest, Dezember 2020

 

Vorgestern kam der Nikolaus. Jedenfalls hat er in unsere Stube hineingeschaut, denn die Stiefel waren am Morgen gefüllt. Er muss einen großen Umweg gemacht haben, denn bei den Nachbarn hat er sich nicht blicken lassen. Sie kennen diesen schönen Brauch zum 6. Dezember gar nicht. Und um einen anständigen Schoko-Nikolaus zu kaufen, mussten wir viele Geschäfte abklappern. In provenzalischen Küchen duftet es auch nicht nach Weihnachtsbäckerei. Stollen, Lebkuchen, Marzipan und Pfeffernüsse, die sich schon im September in deutschen Auslagen stapeln, sind eher unbekannt. Dafür verwandeln sich die Supermärkte ab Oktober in glänzende Schokoladenbasare.

Meterhoch türmen sich die Kartons und Schachteln mit Pralinen, Schokoladenkugeln und Schokoriegeln. Gleich hinter der Eingangsschranke eröffnet sich eine neue, glitzernde Welt: Lange Gänge muss der Kunde seinen Einkaufswagen durch diese süßen Verführungen schieben, bis jeder Widerstand dahinschwindet und man fast automatisch zugreift. Von edlen Schokoladenkreationen und Pralinenspezialitäten bis hin zur einfachen Kinderschokolade, die Auswahl ist riesig.

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Adventskalender, vor einigen Jahren hier noch völlig unbekannt, haben inzwischen ebenfalls die Regale und die Herzen der Kinder erobert und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Es sind nicht etwa einfache Schoko-Adventskalender, sondern XXL-Formate mit hochpreisigen Pralinen, Überraschungseiern und bunten Süßigkeiten. Kaum verwunderlich deshalb die Frage gerade in einer französischen Quizshow, woher dieser neue Brauch ursprünglich stammt: Die Kandidaten hatten die Wahl zwischen verschiedenen Ländern … richtig war natürlich Deutschland!

Ganz typisch französisch sind dagegen die Weihnachtsbonbons, „papillotes“ heißen sie. Seit über 200 Jahren gibt es sie schon, und ein bisschen erinnern sie an japanische Glückskekse. Denn die papillotes sind in buntes, glitzerndes Papier mit Fransen eingewickelt, und darin findet sich auch immer ein Gedicht, ein Witz oder ein weiser Spruch. Der Legende nach stammen die Weihnachts-Schokobonbons aus Lyon: Dort soll Ende des 18. Jahrhunderts der Gehilfe eines Süßwarenhändlers die Idee gehabt haben, seiner Angebeteten, die in der Etage über ihm arbeitete, kleine Liebesbotschaften zu schicken, in die er eine Süßigkeit seines Meisters wickelte. Die Geschichte hat zwei verschiedene Enden: Nach der ersten überraschte Mr. Papillot, der Meister, seinen Gehilfen und warf ihn hinaus. Aber von der Idee, mit einer süßen Köstlichkeit eine Botschaft zu verbinden, war er so angetan, dass er sie selbst umsetzte: So kamen die papillotes in den Handel. Die zweite Geschichte hat ein glücklicheres Ende: Demnach heiratete der Gehilfe seine Angebetete – und sie war die Nichte des Herrn Papillot.

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Mag es nun an der Botschaft liegen oder an der Schokolade: Den Mengen nach zu urteilen, wie sie derzeit angeboten werden, gehören die papillotes auf jeden Weihnachtstisch. Doch wer hätte das bei diesen Schokobergen gedacht: Durchschnittlich verzehrt jeder Franzose im Jahr nur 6,7 Kilo Schokolade (Wikipedia/Schokolade, 2013) – und damit deutlich weniger als die Deutschen, die trotz Pfeffernuss und Mandelkern mit 12,2 Kilo die Schokoladennaschkatzen Nummer eins in Europa sind.

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