Zuwachs im Hühnerhof, August 2019

 

Wenn man das Leben als eine Reise betrachtet, kann man sich schon mal wundern, an welchen Stationen man Halt macht. Und mit wem. Zu unserem derzeitigen Aufenthalt haben sich zum Beispiel sechs Hühner gesellt. Hätte mir das noch vor zwei Jahren jemand prophezeit, ich hätte ihn ausgelacht. Aber nun sind sie da, die Hühner, in unserem Leben, und wir können sie uns nicht mehr fortdenken.

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Ich gebe zu, wir mussten uns erst aneinander gewöhnen. Die Entscheidung für die neuen Mitbewohner fiel relativ spontan; eigentlich war es sogar eher unsere Nachbarin, die uns motivierte und dann den Platz ihres früheren Hühnerstalls zur Verfügung stellte. Den Stall richteten wir mit allem, was wir in den Scheunen fanden, ein. Aus alten Obstkisten entstanden Nester. Aus zwei großen Brettern zimmerten wir eine Art Regal mit zwei Ebenen, die nun als Nistplatz und Sitzgelegenheiten dienen. Eine kleine Holzleiter führt in die obere Etage. Zwei Holzstangen quer durch den Raum sind Sitzstangen für die Nacht. Darunter legten wir Kotschienen an. Klee und Löwenzahn wuchsen auf der Wiese vor dem kleinen Häuschen. Und hinter dem Gitterzaun zum Nachbarn haben unsere Hühnerdamen Kontakt zu den Artgenossinnen des Nachbarn, zu einem imposanten Hahn, der jeden Morgen zu noch nachtschlafender Zeit beginnt, mit den Hähnen der näheren Umgebung um die Wette zu krähen, und zu einer großen grauen Gans, der wir durch den Draht hindurch den Bauch kraulen dürfen. Wir haben sie Oskar getauft.

Dort also, so dachten wir, haben es unsere Hühner doch gut. Ein schönes Hühnerleben haben wir ihnen versprochen, in dem sie nach Herzenslust scharren und picken dürfen.

Leider hatte unser Nachbar René allerdings recht mit seiner Prophezeiung: Schon nach drei Wochen war das Gras im Hühnerhof plattgetreten, Klee und Löwenzahn aufgepickt. Ziemlich trostlos sieht der harte und steinige Boden seither aus. Was sollten unsere Hühner nun den ganzen Tag tun? Hühner müssen beschäftigt werden, sonst fangen sie leider an, sich gegenseitig zu picken. Wir legten eine Sandkiste an, in der sie ausgiebig Sandbäder nehmen können. Wir bauten eine kleine Holzleiter, die sie hinaufklettern können, und Äste zum Verweilen. Ja, wir bauten sogar eine Hängeschaukel, nachdem uns jemand ein Video mit einem schaukelnden Huhn geschickt hatte. Das Huhn auf der Schaukel hatte jedenfalls viel Spaß und brachte mit dem eigenen Schwung die Schaukel immer wieder neu in Bewegung. Doch unsere Hühner sind offensichtlich eher bodenständig. Bis auf die Sandkiste, die sie ausgiebig nutzen, bleiben die tierischen Spielgeräte bisher ungenutzt. Jeder Versuch, sie auf die Schaukel zu setzen, endet mit einem großen Gekreische.

Durch Zufall – oder auch nicht – bekamen wir ein Buch von zwei Auswanderern in die Hand, die nun auf einem Hof in der Bretagne leben und ebenfalls einige Hühner halten. Sie scheinen das gleiche Video gesehen zu haben, denn sie bauten auch eine Schaukel – mit dem gleichen Ergebnis. Stattdessen aber entdeckten die bretonischen Hühner ihre Vorliebe für einen Baumstumpf, den sie nun mit viel Vergnügen hinauf- und wieder hinabhopsen. Kurz und gut, in unserem Hühnerhof steht jetzt neuerdings ein Baumstumpf. Doch provenzalische Hühner sind wohl anders gestrickt als die nördlicheren Artgenossen. Der Baumstumpf ist ein weiteres Zierstück, das die Nachbarn mit Verwunderung beäugen. Man könnte auch einen Blumentopf hinaufstellen.

Inzwischen haben wir jedoch das Hühnerhofgelände erweitert. Unsere Nachbarin überließ uns freundlicherweise eine weitere, bisher ungenutzte Wiese. Dort haben die Hühner reichlich Platz, das Gras wächst (noch) hoch, die Erde ist lockerer. Mit Gitterdraht zäunten wir eine große Fläche ein – größer als der ganze Hühnerhof. Einziges Problem: Von dort müssen die Hühner einen Fußweg von vielleicht 150 Meter bis zur Wiese zurücklegen. Bei unseren ersten Versuchen, die Hennen zu diesem kleinen Ausflug zu motivieren, rannten die Hühner kopflos und kreischend durch die Gegend. Es dauerte eine Weile, bis wir alle einzeln eingefangen und hinübergetragen hatten. Wir probierten verschiedene Taktiken – mal leiteten wir sie mit alten Umzugskartons wie Stiere in die Arena, mal wollten wir sie mit einem Bund Klee, das wir über eine Schnur an einen Stock gebunden hatten, in die Spur locken. Letztendlich siegte die Gewohnheit, und nach einigen Tagen sprinten die Hühner schon im Schnellschritt rund um die Scheune zur Wiese. Zurück ging es noch schneller.

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Inzwischen drängeln die Mädels schon morgens, wenn wir mit dem Futter kommen, am Zaun - ganz so, als hätten sie schon ihre Rücksäcke aufgeschnallt für den Schulausflug. Und im Laufe des Vormittags gackern sie immer lauter und ungeduldiger, bis sie endlich auf die Wiese können. Das Gras dort steht allerdings nicht mehr ganz so frisch, die provenzalische Sonne hat das Grün ausgedörrt. Vielleicht müssen wir das Gelände noch einmal verlegen…

Im heißen Juli hatten die Hühner anscheinend hitzefrei und haben zeitweilig das Eierlegen eingestellt. Doch inzwischen legen sie wieder eifriger. Dann wurde Juliette, eines der beiden schwarzen Hühner, gluckig: Sie hatte wohl beschlossen, dass es Zeit sei, Mutter zu werden und blieb Tag und Nacht auf ihrem leeren Nest sitzen. Wir durchforschten die Hühnerhalter-Foren im Internet und waren entsetzt: Es gibt durchaus brutale Methoden, Hühner zu „entglucken“. Wir entschieden uns einfach dafür, das Huhn immer wieder aus dem Nest zu heben und nachts auf ihre Stange zu setzen. Nach drei Tagen war das Thema Nachwuchs durch.

Im Hühnerhof haben wir dennoch Zuwachs bekommen. Ein kleines Kaninchen hat sich dort einquartiert. Es stammt wohl aus dem Wurf der beiden Nachbarkaninchen und hat jetzt unter der Europalette im Stall seinen Schlafplatz bezogen. Ganz selbstverständlich sitzt es manchmal zwischen den Hühnern und mümmelt ihnen das Hühnerfutter weg. Aber sie scheinen gerne zu teilen.

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